krankheitenHauptsache gesund, hört man oft. Und tatsächlich ist Gesundheit eines der wohl höchsten Güter in unserem sonst eher materiell ausgerichteten Leben. In einem gut entwickelten Industrieland wie Deutschland stellt die Gesundheitsvorsorge zum Glück aber längst kein Problem dar – sollte man zumindest denken! Schließlich sind hierzulande im Gegensatz zu so manchem Entwicklungsland ausreichend Nahrungsmittel vorhanden, Ärzte und Apotheken sind stets erreichbar und im Kindergarten und in der Grundschule können schon die Kleinsten alles wichtige über Gesundheit und Vorsorge lernen.

Tatsächlich ist all das in Deutschland in einem ausreichenden Maß vorhanden – aber dennoch nicht für jedermann gleichermaßen zugänglich. Denn soziale Ungleichheit, die hauptsächlich durch die beiden Variablen Einkommen und Bildung entsteht, hat zur Folge, dass nicht jeder den gleichen Zugang zu so natürlich scheinenden Dingen hat. Geht es beispielsweise um einen gesunden Lebensstil und eine gute medizinischen Versorgung gibt es gerade in Deutschland teils himmelschreiende Unterschiede. Dadurch muss Krankheit mittlerweile zunehmend als soziales Problem betrachtet werden, statt wie in früheren Zeiten hauptsächlich als Folge mangelnder Hygiene oder Bakterien- und Virus-Infektionen gesehen zu werden.

Ernährung – Quantität statt Qualität?

Eine unbestrittene Grundlage von Gesundheit ist die richtige Ernährung. Vollwertig soll sie sein, abwechslungsreich, möglichst aus frischen Zutaten zubereitet. Ein Blick in die Supermärkte zeigt einem aber das genaue Gegenteil: Fertigprodukte, abgepackte Mischungen, weitgehend Nährwert-freie süße Getränke und vieles mehr beherrschen die Regale, während frische Produkte nur in geringer Zahl zu finden sind. Und der Markt bietet, was die Nachfrage fordert: Viele Menschen können mit frischen Produkten nicht mehr viel anfangen, längst kann nicht mehr jeder kochen. Die Fertigprodukte sorgen zwar für ein Sättigungsgefühl, enthalten aber im Normalfall keine ausreichende Nährstoffvielfalt, um eine gesunde Ernährung zu gewährleisten. Die Folge ist ein Mangel an bestimmten Nährstoffen, trotz ausreichender Magenfüllung – das Körpergewicht ist kaum mehr als ein Indiz für die Ernährungssituation zu werten und lässt keine Rückschlüsse auf die Qualität der Ernährung zu.

Ernährungsmängel kann man also nicht am Gewicht messen, allerdings gibt es andere Anzeichen, die auf einen Nährstoffmangel hinweisen. Hautbild, Haare und Fingernägel geben durch ihren Zustand Aufschluss und auch auf das Befinden wirkt sich ein Mangel aus: Ständige Müdigkeit, Schwindelgefühle, Verdauungsprobleme und vieles mehr können die Folge sein. Auf diese Weise kann eine unzureichende Ernährungssituation durchaus zu Folgekrankheiten führen.

Die andere Seite der Medaille ist Übergewicht. Denn gerade günstige Nahrungsmittel wie Weißbrot, Limo oder Tiefkühlkost sind oft wahre Kalorienbomben und sorgen bei ihren Konsumenten schnell für ein paar Kilo mehr auf der Wage. Diese wiederum können zu erhöhten Cholesterinwerten, Bluthochdruck und einem höheren Blutzucker, Gelenkschäden und vielen anderen Risiken für die Gesundheit führen.

Betroffen davon ist normalerweise der Teil der Bevölkerung, der entweder kein ausreichendes Wissen über gesunde Ernährung, beziehungsweise Interesse daran hat, in Folge dessen auch kaum selbst kocht und dessen Einkommen nicht ausreicht, um sich hochwertige Produkte zu kaufen, die eine bessere Nährstoffversorgung ermöglichen würden. Sprich: Von Nährstoffmangel trotz ausreichendem Nahrungsangebot und Fettleibigkeit sind in erster Linie Menschen betroffen, die aus einer niedrigeren sozialen Schicht stammen oder wenig Bildung und Einkommen haben.

Sport und Fitness – mit Energie und Kraft für ein gesundes Leben

Ähnlich verhält es sich im Bereich Sport und Fitness. Ein aktiver Mensch ist seltener krank, hat ein stärkeres Immunsystem und oft allgemein mehr Freude am Leben. Regelmäßige Bewegung beugt so vielen Erkrankungen vor. Allerdings gibt es auch hier große soziale Unterschiede: Mitgliedschaften in Fitnessstudios und Sportvereinen sind zuweilen recht kostspielig. Kostenfreie sportliche Betätigungen wie Joggen oder ein Work-Out zuhause erfordern nicht nur mehr Disziplin als Sport mit Gruppen-Motivation, sondern sind auch nicht für jeden gleichermaßen geeignet: Gelenkschäden und Rückenprobleme sind bei falscher Herangehensweise noch eine eher harmlose Folge ungeeigneter körperlicher Betätigung.

Während der wohlhabende oder zumindest gutbürgerliche Teil der Bevölkerung also ein Freizeitprogramm mit Yoga, Rückengymnastik oder einem zu ihm passenden Vereinssport genießen kann, bleibt dem weniger gut situierten Teil der Gesellschaft oft nichts anderes übrig, als seinen Körper entweder einseitig zu belasten oder aber – wie so oft – ganz auf Sport und Fitness zu verzichten.

Seelische Gesundheit – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper?

Ein weiterer Punkt, den man nicht vernachlässigen darf, wenn es um Krankheit und Gesundheit im Zusammenhang mit einer sozialen Problematik geht, ist die seelische Gesundheit. Denn gerade wenn man von Langzeitarbeitslosigkeit oder ernsthaften psychischen Erkrankungen spricht, die eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben, leidet letztlich auch die Psyche eines Menschen. Versagensgefühle, Zukunftssorgen und vieles mehr können Depressionen, emotionale Burn-Outs und ähnliche Erkrankungen hervorrufen.

Dazu kommt, dass wenn die Seele eines Menschen auf Dauer leidet, früher oder später auch den Körper betroffen sein wird. Dieser Mechanismus, der mit dem Begriff Psychosomatik umschrieben wird, hat zur Folge, dass ein seelisches Ungleichgewicht zu körperlichen Krankheiten führen kann, die als solche einzeln behandelt werden müssen, allerdings dennoch niemals vollständig besiegt werden können, solang sich die seelische Gesundheit nicht stabilisieren lässt. Bessern sich die sozialen Umstände aber nicht, ist das äußerst unwahrscheinlich. Damit wirkt sich eine schwierige soziale Situation mehr oder weniger direkt auf die Gesundheit des Betroffenen aus und kann auch über die Psyche zu behandlungsbedürftigen Erkrankungen führen.

Medikamentöse Versorgung – wenn’s am lieben Geld scheitert

Soziale Ungleichheit entsteht wie bereits erwähnt im Kern aus zwei großen Variablen: Einkommen und Bildung. Beide scheinen zunächst unbedeutend, wenn es um die medizinische Versorgung in Deutschland geht, schließlich sichert das deutsche Versicherungssystem seine Mitglieder gegen Notfälle weitgehend ab. Dennoch gib es zu genüge Fälle, in denen das System versagt und deshalb nicht einmal mehr die ärztliche Betreuung geschweige denn die medikamentöse Versorgung gewährleistet ist.

Ein Beispiel für solche Extremfälle sind Obdachlose: Sie sind durch das soziale Netz gefallen, normalerweise nicht versichert und haben oft schon Jahrelang keinen Arzt mehr gesehen. Ohne Versichertenkarte ist dieser letztlich auch nicht verpflichtet sie zu behandeln – schließlich kann die Bezahlung nicht gewährleistet werden. Aber es gibt durchaus auch weniger deutliche Fälle, in denen schon die Zuzahlung zu Medikamenten zum unüberwindbaren Hindernis wird. Denn ob es sich um den Sozialhilfeempfänger handelt, der sein Monatsgeld schon zu früh aufgebraucht hat oder um einen Niedrigverdiener oder Rentner, ist dabei beinahe egal – in jedem Bereich mit niedrigem Einkommen kann es durch kurzfristige Ausgaben, beispielsweise eine Autoreparatur oder die neue Waschmaschine, zu finanziellen Engpässen kommen, bei denen es auf jeden Euro ankommt.

Ein gutes Beispiel sind hier auch Freiberufler: Häufig schwankt das Einkommen stark, deshalb werden öffentliche Gelder und finanzielle Hilfen zum Aufstocken selten gewährt. Wird nun eine langfristige medikamentöse Behandlung oder eine Therapie, die die Krankenkassen nicht übernehmen, notwendig, fehlen häufig die Mittel zur Finanzierung – statt frühzeitig auf Krankheitszeichen reagieren zu können, wird die Erkrankung verschleppt, chronifiziert sich vielleicht oder bringt zusätzliche Folgeerkrankungen mit sich. So werden soziale Probleme schnell zum Katalysator für Krankheiten.

Krank durch Armut – Arm durch Krankheit?

Wie aufgeführt ist Krankheit oft eng mit sozialen Problemen wie Armut oder fehlender Bildung verwoben. Tatsächlich scheinen sich der Gesundheitszustand und soziale Probleme wechselseitig zu beeinflussen: Mehrere wissenschaftliche Studien haben mittlerweile belegt, dass Menschen in sozialen Problemlagen häufiger erkranken. Ebenso hat sich gezeigt, dass Menschen mit chronischen Erkrankungen oder auch psychischen Störungen häufiger mit sozialen Problemen zu kämpfen haben, als gesunde Menschen. Krankheit ist damit auch als soziales Problem zu betrachten, das nicht allein von der medizinischen Seite her angegangen und gelöst werden kann.

Krankheit – auch ein soziales Problem
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